Reise 107.8
Juli 2016
Reise 107.8

REISE 107.8 ist eine theatrale, jazzy Jam-Session. REISE 107.8 ist das Zusammenspiel aus einem Occupy-Camp, einem Piratenradio, dem Bau eines Rundfunksatelliten, der Band „Lilly von der Boddinstraße“, einer brennenden Rakete, dem Romanfragment Bernward Vespers und sieben Performer*innen. 

Zur Eröffnung des neuen Urban Garden des Kulturdachgartens Klunkerkranich in Berlin-Neukölln am 17. Juli 2016 besetzen Die Happy Few mit ihrem Occupy Camp den Stadtgarten. Einen Tag lang senden sie von hier oben via Piratenradio auf UKW 107.8 Mhz die 12-stündige Theateraktion REISE 107.8 über gesamt Berlin.

Die Theateraktion REISE 107.8 läuft von High Noon bis Midnight. Sie folgt auf der Straße von Dubrovnik nach Baden-Baden der Autonomie des Literaten Bernward Vesper, der sein Leben schreibend auf eine Karte setzte.

Die Besetzung

Mitschnitt des Piratenradios

(Bild: Robin Schellenberg / Klunkerkranich)

Das Verfahren

Bernward Vespers mutiges Vorhaben war es, mit seinem Romanessay „Die Reise“ einen 24-stündigen LSD-Trip zu schildern, in dem ein subjektiver Zugang zum politischen Zeitgeschehen, zu der eigenen Biografie und der spontanen, ungefilterten Wahrnehmung eine künstlerische Souveränität kreiert. Diese künstlerisch-anarchische Methode hat bis heute Gültigkeit. 

Die Happy Few eignen sich in ihrer 12-stündigen Theateraktion REISE 107.8 Vespers Verfahren an und entwerfen das Kaleidoskop einer revoltierenden Protestbewegung, die der spätkapitalistischen Gesellschaft den Kampf ansagt. 

Auch in diesem Sommer kooperieren Die Happy Few mit dem Neuköllner Kulturdachgarten Klunkerkranich. Die Theateraktion REISE 107.8 steht am Sonntag, der 17. Juli, von 12.00 bis 00.00 Uhr, den Besuchern des Klunkerkranichs offen und kann laufend begangen werden.

Das Interview

„Theater ist kein Erste-Hilfe-Kurs“

Über den Dächern von Neukölln sprechen wir mit dem Kollektiv Die Happy Few über ihre neueste Arbeit auf dem Klunkerkranich

Eure kommende Theateraktion trägt den Titel REISE 107.8. Was wird das sein?

DIE HAPPY FEW Wir haben noch zwei Wochen Zeit, bis wir das wissen. Wahrscheinlich eine Theateraktion irgendwo zwischen dem, was der Pressetext ankündigt, und den verschiedenen Ideen, die wir im Moment diskutieren. Auf jeden Fall werden wir besetzen und jammen. 

Geht es etwas konkreter? Was ist Euch wichtig?

DIE HAPPY FEW Ja, klar. Das Symbolische im Theater, das ist uns gerade wichtig. Der Kunstaktivismus und die Recherche-Kunst relativieren zunehmend die symbolische Dimension des zeitgenössischen Theaters. Natürlich ist uns bewusst, dass diese Relativierung vor allem zum Zweck der Werbung dient. Es ist also eine Mode, die vergehen wird und wieder in anderer Form auftaucht. Was aber von Dauer bleibt, ist die Strahlkraft der modernen Kunst auf alle künstlerischen Bereiche, auch auf das Theater. Der Diskurs der modernen Kunst wirkt seit über 200 Jahren auf das Theater, und ein Ende ist nicht absehbar. Was wir also mit der „Reise“ vorhaben, ist, in dieser Tradition ein Symbol mit den Mitteln des Theaters zu kreieren. Ein performatives, lebendiges Symbol. 

Ankündigung der Theateraktion

Worin seht ihr eure Aufgabe als Künstlerinnen und Künstler?

DIE HAPPY FEW Ich denke, wir haben keine. Und wenn man sich damit nicht zufriedengeben kann, weil man diese Autonomie nicht erträgt, dann ist es die Aufgabe, die Guy Debord vorgeschlagen hat – Öl dorthin bringen, wo Feuer ist.

Brennt es aber nicht schon überall?

DIE HAPPY FEW Natürlich. Malevič hat das bereits gesehen und aus der gesamten Asche der zerstörten Welt eine Ikone geschaffen, die überlebt. Nämlich die Gesamtheit der Asche als Schwarzes Quadrat. Dass es überall brennt, ist für Künstler*innen also nicht nur ein Problem, schon eher Inspiration. Ein Problem für uns Theaterschaffende ist es auf jeden Fall, dass es als Kapitalisten und religiöse wie rechte Extremisten derart furchtlose Brandbeschleuniger gibt, die einem die Show stehlen. Aber die simple Antwort auf diese Situation wäre, das Symbolische und das Realpolitische nicht mehr zu unterscheiden und als Künstler*innen der Aufforderung nachzukommen, für ein paar hundert Euro Erste-Hilfe-Kurse im Weiter-So dieser spätbürgerlichen Gesellschaft zu geben.

Und stattdessen?

DIE HAPPY FEW In der Politik wirkliche Alternativen fixieren. In der Kunst Zeichen kreieren, die den alltäglichen, profanen Logiken widersprechen.

Wir sind gespannt, was ihr auf die Beine stellt. Danke euch und viel Erfolg dabei!

DIE HAPPY FEW Immer wieder gern!

Die Happy Few
„REISE 107.8“
Sonntag, 17. Juli 2016, 12.00 bis 00.00 Uhr
Kulturdachgarten Klunkerkranich, Parkdeck 7
Karl-Marx-Straße 66, 12034 Berlin
Konzept und Produktion: Die Happy Few

In Kooperation mit dem Kulturdachgarten Klunkerkranich Neukölln
Eintritt zum Klunkerkranich: € 3,00

Mit: Tillie Bedeau, Horst von Bolla, Sina Ebell, Alexei Fittgen, Ina Maria Jaich, Hannes Moser, Steffen Neupert, Lolo Pilzschreiner, Corinne Schlichting, Friedrich Schmidt, David Schnaegelberger, Robin Schellenberg, Patrick Schneider und Justus Wilcken 

Termine

Kein Gott, kein Staat, kein Arbeitsvertrag.

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